Elternzeit & Sicherheit - Zurück auf den eigenen Arbeitsplatz bei der Munich RE

Interview mit Dr. Peter Seemann, Leiter Human Resources, und Tanja Steidle, Head of Staffing and Employee Support

Herr Seemann, was tut die Munich RE im Bereich Gender Diversity?

Dr. Peter Seemann: Für den Konzern wurde eine Diversity Policy mit drei Schwerpunkten verfasst: Gender, Age und Internationality. Die Policy bildet den Rahmen für das gesamte Engagement und die Zielsetzung für alle Geschäftsfelder. Was konkret in den jeweiligen Geschäftsfeldern gemacht wird, entscheiden die Verantwortlichen dort. Die Maßnahmen sollen zum spezifischen Geschäftsmodell und zu den jeweiligen Rahmenbedingungen passen und in den verschiedenen Ländern relevant sein. Bei uns in der Rückversicherung am Standort München hat zum Beispiel die Unterstützung für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine lange Tradition. Mit der Betriebsvereinbarung Familie und Beruf haben die Angebote dazu einen formellen Rahmen erhalten.

Können Sie aus dem Schwerpunkt Familie und Beruf ein konkretes Beispiel herausgreifen?

Dr. Peter Seemann: Was wir seit 2011 im Rahmen der Betriebsvereinbarung anbieten und sehr gut angenommen wird, ist das Rückkehrrecht auf den alten Arbeitsplatz, wenn der Mitarbeiter innerhalb von zwölf Monaten aus der Elternzeit wieder kommt. Das bietet Planungssicherheit, sowohl für das Unternehmen als auch für den Mitarbeiter – oder in der Regel die Mitarbeiterin. Das heißt, wir halten den konkreten Arbeitsplatz frei, der nach einem Jahr wieder übernommen werden kann, auch in Teilzeit. In der praktischen Umsetzung muss der Zeitraum überbrückt werden.

Wie genau funktioniert das?

Tanja Steidle: Das funktioniert zum Teil durch Rotation und überwiegend durch befristete Besetzung. Es ist durchaus eine herausfordernde Aufgabe für die Führungskräfte, das zu organisieren. Wichtig ist, dass die Beteiligten sich frühzeitig zusammensetzen, die Möglichkeiten offen diskutieren und schließlich eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung umsetzen.

Wer kann von dieser Möglichkeit Gebrauch machen?

Tanja Steidle: Die Betriebsvereinbarung gilt für alle nicht-leitenden Mitarbeiter. Für leitende Angestellte gibt es eine Regelung, die die Rückkehr auf den bisherigen Arbeitsplatz von 80 Prozent Teilzeit an garantiert.

Und wer verpflichtet sich konkret wozu?

Tanja Steidle: Da hier Rechte und Pflichten für beide Seiten entstehen, haben wir als Personalverantwortliche uns natürlich überlegt, wie die Regelung konkret ausgestaltet werden kann und den Betriebsrat einbezogen. Einerseits bietet der Arbeitgeber an, den bisherigen Arbeitsplatz für ein Jahr zu garantieren. Andererseits verpflichtet sich der Arbeitnehmer, dieses Angebot wenn, dann verbindlich anzunehmen und nach der vereinbarten Zeit mit mindestens 21 Stunden in Teilzeit zurückzukehren.

Die Arbeitnehmerin weiß also, dass sich das Unternehmen auf sie zubewegt und sozusagen auf sie wartet und sieht sich im Gegenzug selbst in der Pflicht, auch ihren Teil zu erfüllen?

Tanja Steidle: Richtig. Unser Ziel ist es, qualifizierte Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Wichtige Voraussetzung ist, dass die Kinderbetreuung sichergestellt ist. Deshalb verknüpfen wir die Angebote und unterstützen unsere Mitarbeiter dabei.

Bei selbst organisierter Betreuung erhalten Mitarbeiter einen Zuschuss zu den Betreuungskosten bis maximal 400 Euro monatlich für einen Zeitraum von 36 Monaten, längstens bis zum 6. Geburtstag des Kindes. Alternativ stehen Betreuungsplätze bei externen Kindertagesstätten sowie bei der betriebsnahen, zweisprachigen Betreuungseinrichtung „Münchener Riesen“ zur Verfügung. Das Angebot orientiert sich an der Nachfrage der Mitarbeiter. Es wird laufend überprüft und wurde im vergangenen Jahr nochmals um 30 Plätze erweitert.

Praktische Unterstützung bei der Vermittlung einer Kinderbetreuung bietet ein Partnerunternehmen für Munich RE. Dieses ist als unabhängiger Beratungs- und Vermittlungsdienst kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen rund um die persönliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ist bei der Suche nach verschiedenen individuellen Betreuungskonzepten behilflich.

Muss man nach diesem Jahr in Vollzeit zurückkehren?

Tanja Steidle: Nein, das ist keine Voraussetzung. 21 Wochenarbeitsstunden sind die Untergrenze, wenn der Mitarbeiter vorher nicht schon in Teilzeit gearbeitet hat. War dies der Fall, dann können es auch weniger Stunden sein.

Wie nehmen Ihre Führungskräfte, die ja das Ganze organisieren müssen, diese Maßnahme auf?

Dr. Peter Seemann: Es wird grundsätzlich positiv aufgenommen, vor allem, da Planungssicherheit gegeben ist. Dass die praktische Umsetzung nichtsdestotrotz eine Herausforderung darstellt, ist sicherlich richtig. Dies gilt besonders dann, wenn es sich um sehr spezialisierte Funktionen handelt, für die es schwierig ist, Ersatz zu finden. Andererseits eröffnet uns dieses Vorgehen die Möglichkeit, Spezialisten an uns zu binden und den Rückkehrern aus der Elternzeit einen guten und raschen Wiedereinstieg zu ermöglichen.

Tanja Steidle: Eine erste Bilanz zeigt, dass uns das auch gelingt: Die Anzahl der Mütter, die ihre Tätigkeit nur kurz unterbrechen und rasch an ihren eigenen Arbeitsplatz zurückkehren, ist von 31 Prozent auf 62 Prozent bis Ende 2012 gestiegen. Der positive Trend setzt sich weiter fort.

Wird in den 12 Monaten Kontakt gehalten?

Tanja Steidle: Ja, das ist extrem wichtig, um den Anschluss nicht zu verlieren – die Verpflichtung haben Führungskraft und Mitarbeiter gleichermaßen. Zudem erhalten alle Mitarbeiter in Elternzeit über einen Newsletter wichtige Mitteilungen und Informationen.

Wie kam die Idee, was war der Anlass?

Tanja Steidle: Erfahrung ist der beste Lehrmeister. Wir hatten gesehen, dass eine gelungene Reintegration nach Elternzeit und damit verbunden die Übernahme anspruchsvoller Aufgaben, besonders bei langen Abwesenheiten schwierig war. Deshalb haben wir die Betriebsvereinbarung „Familie und Beruf“ überarbeitet und um die Rückkehrgarantie auf den konkreten Arbeitsplatz erweitert. Gleichzeitig können wir so mit mehr Planungssicherheit den gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit auch deutlich besser umsetzen.

  • Porträt von Dr. Peter Seemann

    Dr. Peter Seemann

    Munich Reinsurance Company

    Leiter Human Resources

  • Porträt von Tanja Steidle

    Tanja Steidle

    Munich Reinsurance Company

    Head of Staffing and Employee Support