Überblick

„Corona-Kinderkrankengeld“ – Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen bei der praktischen Umsetzung

Arbeitnehmer können zwischen dem Kinderkrankengeld nach § 45 Abs. 2a SGB V und der Entschädigungsleistung nach § 56 Abs. 1a IfSG wählen. Musterformulare für die Abrechnung und Beantragung des Kinderkrankengeldes sind in Arbeit.

Bundestag und Bundesrat haben der pandemiebedingten Ausweitung und Verdoppelung der Kinderkrankentage in § 45 Abs. 2a und b SGB V (Arbeitgeber-Rundschreiben 03/2021 vom 13. Januar 2021) zugestimmt. Die maßgebenden Vorschriften, die als Art. 8 ins GWB-Digitalisierungsgesetz aufgenommen wurden, wurden am 18. Januar 2021 im Bundesgesetzblatt (Anhang) veröffentlicht.

Inkrafttreten der Regelung

Die Regelungen sind rückwirkend zum 5. Januar 2021 in Kraft getreten. Damit besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf die verlängerte Zahlung von Kinderkrankengeld und auf das Kinderkrankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 45 Abs. 2a Satz 3 SGB V (pandemiebedingte Betreuung).

Die Modifikationen im Rahmen des § 45 Abs. 2a haben auch Auswirkungen auf die Anspruchsdauer des Kinderverletztengeldes nach § 45 Abs. 4 SGB V. Ein Anspruch auf Kinderverletztengeld besteht für die Dauer nach § 45 Abs. 2 SGB V. Nach Abstimmung mit der DGUV gilt die in § 45 Abs. 2a Satz 1 und 2 SGB V verlängerte Anspruchsdauer des Kinderkrankengeldes für das Kalenderjahr 2021 auch für den Anspruch auf Kinderverletztengeld mit Wirkung ab dem 5. Januar 2021. 

Verhältnis von Kinderkrankentagegeld und Entschädigungsleistung nach IfSG

§ 45 Abs. 2b SGB V regelt, dass für die Zeit des Bezugs von Kinderkrankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 45 Abs. 2a Satz 3 SGB V für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG ruht.

Den Versicherten ist es nach unserem Verständnis daher freigestellt, ob sie im Falle einer pandemiebedingten Betreuung ihres Kindes Kinderkrankengeld oder die Leistung nach § 56 Abs. 1a IfSG in Anspruch nehmen wollen. Das Kinderkrankengeld dürfte im Vergleich zur Entschädigungsleistung nach dem IfSG in der Regel aber sowohl hinsichtlich der Erfüllbarkeit der Voraussetzungen als auch der Höhe die attraktivere Anspruchsgrundlage sein (Arbeitgeber-Rundschreiben 03/2021 vom 13. Januar 2021). Bezieht der Arbeitnehmer Kinderkrankengeld, ruht die Entschädigungsleistung nach IfSG gemäß § 45 Abs. 2b SGB V für diese Zeit.

Wer bereits eine Entschädigungsleistung nach dem IfSG erhält, ist aus unserer Sicht nicht dazu verpflichtet, auf die Kinderkrankengeld-Regelung zu wechseln. Um Rückabwicklungsansprüche zu vermeiden, sollten Unternehmen sich bei der für die Erstattung der Entschädigung jeweils zuständigen Behörde erkundigen, wie diese Fälle gehandhabt werden. Gibt die Behörde zu erkennen, dass die Kinderkrankentageregelung aus ihrer Sicht vorrangig ist, bietet es sich an, die Angestellten einvernehmlich auf das Kinderkrankentagegeld zu verweisen.

Antrag der Versicherten bei pandemiebedingter Betreuung des Kindes

Versicherte können rückwirkend für Zeiten ab dem 5. Januar 2021 das Kinderkrankengeld im Falle einer pandemiebedingten Betreuung beantragen.

Die Krankenkassen stellen ihren Versicherten für die Beantragung des Kinderkrankengeldes bei pandemiebedingter Betreuung entsprechende Antragsformulare zur Verfügung.

Nachweis des pandemiebedingten Betreuungsbedarfs

Der Grund der pandemiebedingten Betreuung des Kindes soll der Krankenkasse auf geeignete Weise nachgewiesen werden. Hierzu kann die Krankenkasse eine Bescheinigung der entsprechenden Einrichtung verlangen (§ 45 Abs. 2a Satz 4 SGB V). Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend plant nach unserer Information (Presseberichte), auf seiner Homepage für Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen Musterbescheinigungen zur Verfügung zu stellen.

Elektronische Übermittlung von Bescheinigungen für Entgeltersatzleistungen

Arbeitgeber sollen zur Berechnung des Kinderkrankengeldes bei pandemiebedingter Betreuung des Kindes – wie beim Kinderkrankengeld aufgrund einer Erkrankung des Kindes – die erforderlichen Daten über den elektronischen Datenaustausch Entgeltersatzleistungen (DTA EEL) nach § 107 SGB IV mithilfe des Datenbausteins DBFR „Angaben zur Freistellung bei Erkrankung/Verletzung des Kindes“ melden. Eine Differenzierung der Ausfallgründe in „Erkrankung des Kindes“ und „pandemiebedingte Betreuung“ ist nach Aussage des GKV-Spitzenverbands derzeit ebenso wenig wie eine Anpassung von Plausibilitäten erforderlich. Lediglich die Plausi DBFR080 zum Feld „BEGRZFREIST“ (Anspruch auf bezahlte Freistellung begrenzt auf Anzahl der Arbeitstage) sieht eine Begrenzung der zu meldenden Zahl bezahlt freigestellter Arbeitstage vor. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbands sollte dies jedoch unproblematisch sein, da dies nur dann Relevanz hat, wenn Arbeitgeber für einen solch langen Zeitraum eine bezahlte Freistellung gewähren (dies ist regelmäßig auszuschließen) und Versicherte für die ggf. noch verbleibenden Arbeitstage (maximal 1-3 Tage) im Monat Kinderkrankengeld beantragen (erscheint ebenfalls unwahrscheinlich).

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