Überblick

Folgen der Anwendung von § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG auf § 616 BGB

Nach Auffassung zahlreicher Gesundheitsbehörden ist § 616 BGB bei Quarantänefällen anzuwenden.

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat beschlossen, dass spätestens ab dem 1. November 2021 Personen, die als Kontaktperson oder Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet bei einer wegen COVID-19 behördlich angeordneten Quarantäne keinen vollständigen Impfschutz vorweisen können, keine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG mehr gewährt wird (Arbeitgeber-Rundschreiben 61/2021 vom 23. September 2021). Dieser Beschluss hat Auswirkungen auch auf die Frage nach einer Anwendung von § 616 BGB in Quarantänefällen.

Nach Auffassung der meisten Gesundheitsbehörden ist trotz der allgemeinen Pandemiesituation in Quarantänefällen § 616 BGB anzuwenden. Nach unserer Auffassung liegt bei einer Quarantäne während der COVID-19-Krise schon kein persönliches Leistungshindernis vor, so dass § 616 BGB nicht zur Anwendung kommt. Die aktuelle Pandemie beschreibt eine allgemeine Gefahrenlage und steht als objektives Leistungshindernis der Annahme eines in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grundes entgegen.

Demgegenüber sehen die Gesundheitsbehörden § 616 BGB als grundsätzlich vorrangig vor einer Entschädigung nach dem IfSG an. Auch wenn man dieser Auffassung folgt, resultiert nach unserer Einschätzung hieraus kein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Weitergewährung von Entgelt nach § 616 BGB. Der Beschluss der GMK bringt vielmehr die staatliche Entscheidung zum Ausdruck, dass Ansprüche auch gegenüber dem Arbeitgeber ausgeschlossen sein sollen. Diese Sicht ist auch vor dem Hintergrund des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung geboten. Zieht sich der Staat aus der Entschädigungszahlung zurück, hat dies Auswirkungen auf den Bewertungsmaßstab anderer Vorschriften. Insoweit kann eine Arbeitsverhinderung aufgrund einer Quarantäne bei fehlender Impfung trotz Impfmöglichkeit nicht als unverschuldet gelten.

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