Überblick

Coronabedingte Sonderregelungen zur Kurzarbeit

Trotz Warnungen von Experten beschloss der Koalitionsausschuss die seit Beginn der COVID-19-Krise erleichterten Regelungen zur Kurzarbeit auf insgesamt 24 Monate zu verlängern.

Auf dem ersten Koalitionsgipfel nach der Sommerpause fassten die Koalitionspartner insbesondere Beschlüsse zur Arbeitsmarktpolitik und zum Kurzarbeitergeld (Anhang). Daneben standen u.a. die Themen Wahlrechtsreform, Verlängerung der Lockerungen im Insolvenzrecht, Ausweitung der Krankentage für die Betreuung von Kindern gesetzlich Krankenversicherter oder das Pflegeunterstützungsgeld auf der Agenda.

Die wesentlichen Beschlüsse zum Kurzarbeitergeld müssen vom Bundeskabinett noch beschlossen werden. Sie sehen im Einzelnen vor:

  • Verlängerung der Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld auf bis zu 24 Monate für Betriebe, die bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit eingeführt haben, längstens bis zum 31. Dezember 2021. 
  • Verlängerung der Sonderregelungen über den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld (Betroffenheit von mind. 10 % der Belegschaft und Verzicht auf Aufbau negativer Arbeitszeitsalden) jeweils bis zum 31. Dezember 2021 für alle Betriebe, die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
  • Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge:
    • Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bis zum 30. Juni 2021.
    • Hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge ab dem 1. Juli bis längstens zum 31. Dezember 2021, für alle Betriebe, die bis zum 30. Juni 2021 Kurzarbeit eingeführt haben.
  • In der Zeit, in der nach den Krisen-Kurzarbeitergeldregelungen eine hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge erfolgt, ist im Falle einer Weiterbildung auch eine vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge möglich (offenbar additive hälftige Erstattung nach § 106a SGB III). Voraussetzung ist ein Mindeststundenumfang der Weiterbildung von über 120 Stunden sowie eine Zulassung von Träger und Qualifizierungsmaßnahme. Auf die Voraussetzung, dass die Weiterbildung mindestens 50 % der Ausfallzeit umfassen muss (§ 106a SGB III), wird damit offenbar verzichtet.
  • Verlängerung der Erhöhung des Kurzarbeitergelds (auf 70/77 % ab dem 4. Monat und 80/87 % ab dem 7. Monat) bis zum 31. Dezember 2021 für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist.
  • Verlängerung der Hinzuverdienstmöglichkeiten: Geringfügig entlohnte Beschäftigungen (Minijobs bis 450 €) sollen bis 31. Dezember 2021 generell anrechnungsfrei bleiben, die übrigen Hinzuverdienstregelungen sollen Ende 2020 auslaufen.
  • Verlängerung der Öffnung des Zugangs zum Kurzarbeitergeld für Beschäftigte in Zeitarbeit für die Verleihbetriebe bis zum 31. Dezember 2021, die bis zum 31. März 2021 in Kurzarbeit gegangen sind.
  • Verlängerung der derzeit geltenden Steuererleichterungen für Arbeitgeberzuschüsse auf das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021. 
  • Verzicht des Bundes auf mögliche Rückforderung der Bundeshilfen, die der Bundesagentur für Arbeit (BA) gewährt werden, in der Höhe der Kosten, die durch das so verlängerte Kurzarbeitergeld zusätzlich entstehen.

Bewertung

Eine Verlängerung der Kurzarbeitergeldregelungen bis Ende 2021 sichert Arbeitsplätze und schafft für Beschäftigte und Unternehmen wertvolle Planungssicherheit.

Mit der Ermöglichung einer vollständigen Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bis 30. Juni 2021 und einer anschließenden hälftigen Erstattung wird eine „harte Abbruchkante“ vermieden. Insbesondere Branchen, die erst zeitverzögert von den wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise betroffen sind, können länger durch eine vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge unterstützt werden. Das in der Presse diskutierte Konzept des Bundesministerium für Arbeit und Soziales sah bereits zum 1. April 2021 ein Zurückfahren auf eine hälftige Erstattung vor. Da erst im Laufe des Jahres 2022 mit einer wirtschaftlichen Erholung auf die Zeit vor dem Corona-Ausbruch gerechnet wird, kann auch in 2022 partiell in einer Reihe von Branchen noch mit Corona verursachter Kurzarbeit zu rechnen sein. In diesem Fall muss rechtzeitig durch die vorhandene Verordnungsermächtigung durch die Bundesregierung nachgesteuert werden.

Nicht für alle Kurzarbeitenden ist eine Qualifizierung überhaupt praktisch umzusetzen und auch nicht sinnvoll. Deswegen ist es richtig, dass die Verlängerung der Krisen-Kurzarbeitergeldregelungen nicht an einen Zwang zur Qualifizierung geknüpft wird.

Zentral ist die Zusage der Koalition, der BA mit einem Zuschuss zu unterstützen. Es ist notwendig, dass Ende 2021 das Defizit der BA ausgeglichen ist. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten brauchen wir eine handlungs- und leistungsfähige BA.

Unsere Dachorganisation, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, hatte die Erhöhung des Kurzarbeitergelds auf bis zu 87 % des Nettoeinkommens kritisiert, da so Erwartungshaltungen an den Sozialstaat befeuert werden, die ihn langfristig finanziell völlig überfordern würden. Die Koalition konnte sich hier nicht zu einem Abschmelzen der Regelungen durchringen.

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