Überblick

COVID-19-Krise: Sozialschutz-Paket soll am 29. März 2020 in Kraft treten

Der Bundestag stimmte gestern einstimmig dem Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Corona-Virus SARS-CoV-2 („Sozialschutz-Paket”) zu. Der Beschluss des Bundesrats wird für Freitag erwartet.

Der Entwurf des Gesetzes wurde bereits am 23. März 2020 vom Bundeskabinett beschlossen. Unsere Dachorganisation, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), war vergangenen Samstag kurzfristig um Stellungnahme (noch am gleichen Tag) gebeten worden. Die BDA wies in ihrer Stellungnahme insoweit ausschließlich auf wichtige, noch aufzunehmende Themen/Rechtsänderungen hin. Eine Zusammenfassung der Stellungnahme erhalten Sie in Anhang A.

Der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf (Anhang B) enthält folgenden wesentlichen Inhalt:

Anrechnung von anderweitigem Einkommen auf das Kurzarbeitergeld

In der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober 2020 wird auf Basis von § 421c SGB III in systemrelevanten Branchen und Berufen (anders als bisher) Einkommen aus einer während des Bezugs von Kurzarbeitergeld (Kug) aufgenommenen Beschäftigung nicht auf das Kug angerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kug und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kug gezahlt wird, nicht übersteigt.

Schutzschirm für Leistungserbringer/Bildungsträger

Geregelt wird zudem ein befristeter und subsidiär greifender Sicherstellungsauftrag der jeweiligen Leistungsträger für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen (z. B. arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Reha-Leistungen, Integrationskurse). Der Sicherstellungsauftrag umfasst alle sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die mit den Leistungsträgern im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Leistungsbeziehungen stehen, längstens aber bis zum 30. September 2020 (mit Verlängerungsoption bis zum 31. Dezember 2020). Ausgenommen sind Leistungsträger der Gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) und der Sozialen Pflegeversicherung (SGB XI). Für diese Leistungsträger erfolgen Regelungen in einem anderen Gesetz.

Verordnungsermächtigung Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthält nunmer eine unbefristete Verordnungsermächtigung, um in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Abs.1 IfSG, bundeseinheitliche Ausnahmen von den Arbeitszeitvorschriften zu ermöglichen.

Zeitgrenzenausweitung für geringfügige Beschäftigung bei kurzfristiger Beschäftigung

Befristet vom 1. März bis 31. Oktober 2020 werden die Zeitgrenzen in § 8 SGB IV auf eine Höchstdauer von fünf Monaten oder 115 Tagen ausgeweitet.

Erleichterter Zugang zum Kinderzuschlag

Bei Neuanträgen, die zwischen 1. April und 30. September 2020 gestellt werden, ist nur das Einkommen des letzten Monats und nicht – wie bisher – der letzten sechs Monate zu berücksichtigen. Dadurch werden die Einbußen durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit gemindert. Außerdem wird in Fällen, in denen bereits jetzt der höchstmögliche Gesamtkinderzuschlag bezogen wird und der sechsmonatige Bewilligungszeitraum im Zeitraum April bis September enden würde, der Bewilligungszeitraum einmalig automatisch um sechs Monate verlängert.

Erleichterte Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt

Durch die Anhebung der kalenderjährlichen Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € auf 44.590 € werden Einkünfte bis zu dieser Höhe keine Kürzung der Rente bewirken. Die Anhebung ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet.

Selbstverwaltung

Eine Ergänzung von § 64 SGB IV schafft die Möglichkeit, dass Selbstverwaltungsorgane und besondere Ausschüsse aus wichtigem Grund ohne Sitzung und schriftlich abstimmen können.

Veränderungen SGB II und SGB XII

Bei Anträgen auf Grundsicherung zwischen dem 1. März und 30. Juni 2020 wird vorhandenes Vermögen in den ersten sechs Monaten nicht geprüft und Ausgaben für Wohnung und Heizung anerkannt. Folgeanträge werden für zwölf Monate weiterbewilligt. Auf diese Weise soll insbesondere Solo-Selbstständigen geholfen werden. Die Regelungen sind per Verordnung bis Ende 2020 verlängerbar.

Bewertung

Das sog. „Sozialschutz-Paket“ enthält wichtige und sinnvolle Regelungen.

Die kurzfristige Stellungnahme der BDA bewirkte zuletzt folgende Ergänzungen:

  • Aufnahme eines Schutzschirms für Leistungserbringer/Bildungsträger.
  • Regelung zur Nichtanrechnung von Einkommen aus einem Nebenjob auf das Kug.

Die Regelung zur Nichtanrechnung stellt sich bedauerlicherweise als noch zu penibel dar. Würde stattdessen das Einkommen aus einer Beschäftigung nach § 8 SGB IV (Minijob) komplett anrechnungsfrei sein, könnte sich der Kug-anbietende Arbeitgeber weitergehende Berechnungen sparen. Die Begrenzung auf Nebentätigkeiten in systemrelevanten Branchen und Berufen sollte im Übrigen gestrichen werden. Eine solche löst unnötige Bürokratie aus und birgt die Gefahr hoher Rechtsunsicherheit, weil unklar ist, welche Branchen und welche Berufe als systemrelevant gelten sollen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist ein Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften ohnehin nur in systemrelevanten Branchen und Berufen vorhanden.

Bedauerlicherweise fehlt auch die Öffnung der Kurzarbeit für Auszubildende, zumindest für die Zeit der Corona-Krise im Fall der fehlenden Option zur Fortsetzung der Ausbildung.