Überblick

Referentenentwurf zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit in der COVID-19-Krise

Bundesregierung legt Gesetzentwurf zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit vor.

Wir übermitteln den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit während der COVID-19-Epidemie sowie zur Änderung weiterer Gesetze (COVID-19 ArbGG/SGG-AnpassungsG; Anhang A).

Wesentlicher Inhalt

  • Der Entwurf zielt insbesondere auf die in der Öffentlichkeit bereits intensiv geführte Diskussion um eine Beteiligung Ehrenamtlicher Richter in den Verfahren bei den Gerichten für Arbeitssachen und bei den Sozialgerichten. Hierzu ist vorgesehen, dass die Ehrenamtlichen Richter an mündlichen Verhandlungen in nicht physischer Form teilnehmen können, soweit die Verhandlungen in Bild und Ton auch an den Ort ihrer Anwesenheit übertragen werden können. Gleiches soll für Beratungen und Abstimmungen gelten. Ebenso kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, wenn nur so der erforderliche Gesundheitsschutz gewährleistet werden kann.
  • Im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) soll die Klagefrist bei „epidemischen Lagen” von drei auf fünf Wochen verlängert werden.
  • In den Art. 4 - 6 ist vorgesehen, dass Sitzungen des Tarifausschusses, des Heimarbeitsausschusses und der Mindestlohnkommission in Ausnahmefällen durch Videokonferenzen erfolgen können.
  • Alle Maßnahmen, mit Ausnahme der Änderungen des Tarifvertragsgesetzes (TVG) und des sogenannten Mindestlohngesetzes (MiLoG), sind zeitlich befristet und setzen eine „epidemische Lage“ voraus.

Bewertung

Auf Empfehlung der Landesjustizverwaltungen ist der Sitzungsbetrieb der Justiz derzeit nur im Notbetrieb gewährleistet. Es bestehen beim Arbeitsgericht München 47 Kammern laut Geschäftsverteilungsplan 2020. Im Notbetrieb können jedoch derzeit nur etwa fünf Gerichtssäle „corona-gerecht” genutzt werden. Dies hat zur Konsequenz, dass nur die dringendsten Verfahren durchgeführt und die allermeisten Verhandlungen nicht terminiert werden können, sofern sie nicht im schriftlichen Verfahren erledigt werden können. Selbst nach Rückkehr zur Normalität ist mit einem gewaltigen Rückstau zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund will die Bundesregierung die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit sicherstellen.

Die geplanten Regelungen im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), Sozialgerichtsgesetz (SGG), TVG, Heimarbeitsgesetz (HAG) und MiloG erscheinen sinnvoll, wenngleich die Anordnungsbefugnis des Gerichts nicht zwingend ist, um Verfahrensabläufe sicherzustellen. Hier wäre es durchaus auch denkbar, die Zustimmung der Parteien zur „virtuellen Verhandlung” vorauszusetzen wie bei § 128a Zivilprozessordnung (ZPO). Änderungen im Kündigungsschutzgesetz sind ebenfalls nicht erforderlich. Die Ausweitung der Frist von drei auf fünf Wochen verlängert allein den arbeitsrechtlichen Schwebezustand. Es gibt vor dem Hintergrund der Pandemie wichtigere Baustellen (z. B. Massenentlassungen) als die Verlängerung der Fristen für Kündigungsschutzklagen. Im Übrigen besteht schon jetzt die Möglichkeit der Zulassung verspäteter Klagen gem. § 5 KSchG. Selbstverständlich besteht schon bisher die Möglichkeit für das Gericht den Ausnahmezustand einer Epidemie bei der Entscheidung über die Zulassung einer verspäteten Klage zu berücksichtigen.

Wir übermitteln die beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eingereichte Stellungnahme der BDA (Anhang B).

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