Überblick

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard – Empfehlung des BMAS

Vor dem Hintergrund des Wiederhochfahrens der wirtschaftlichen Aktivitäten in Deutschland will das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit seiner Empfehlung die allgemeinen Anforderungen des Bevölkerungsschutzes in besondere Arbeitsschutzmaßnahmen transformieren.

Das BMAS hat am 16. April 2020 einen vom Bundeskabinett zuvor als Empfehlung beschlossenen sogenannten SARS-CoV2-Arbeitsschutzstandard (Anhang A) veröffentlicht.

Anliegen dieses Arbeitsschutzstandards ist der Infektionsschutz:

  • Unabhängig vom betrieblichen Maßnahmenkonzept sollen in Zweifelsfällen, in denen der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, Mund-Nasen-Bedeckungen zur Verfügung gestellt und getragen werden.
  • Beschäftigte mit Atemwegssymptomen sollen sich nicht auf dem Betriebsgelände aufhalten.
  • Arbeitgeber haben ein Verfahren zur Abklärung von Verdachtsfällen, z.B. bei Fieber, festzulegen.

Ergänzung des Arbeitsschutzes

Das im SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard vorgesehene betriebliche Maßnahmenkonzept ist dementsprechend ausgerichtet auf die Sicherstellung ausreichender Schutzabstände bei der Arbeit, die weitmögliche Kontaktvermeidung während des Arbeitens und die Ausweitung des Schutzes bei unvermeidbarem Kontakt, weitreichende Hygienevorgaben am Arbeitsplatz, den Umgang mit Verdachtsfällen, insbesondere das Vorsehen einer möglichst kontaktlosen Fiebermessung und bestimmte arbeitsmedizinische Vorsorgemaßnahmen, für deren Umsetzung der Arbeitgeber die Verantwortung trägt. Insgesamt enthält der Anforderungskatalog 17 konkrete Maßnahmen.

Das BMAS hat außerdem einen zeitlich befristeten Beraterkreis „Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz zur Prävention von SARS-CoV-2“ eingerichtet. Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard soll bei Bedarf überdies durch die Unfallversicherungsträger sowie durch die Aufsichtsbehörden der Länder branchenspezifisch konkretisiert und ergänzt werden.

Bisher keine Rechtsverbindlichkeit des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards

Die Rechtsqualität des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des BMAS ist umstritten. Unser Schwesterverband Gesamtmetall legt ausführlich dar (Anhang B), warum es sich bei dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des BMAS nach derzeitigem Stand um eine bloße Empfehlung ohne die Qualität einer Verordnung, einer Unfallverhütungsvorschrift oder eines Gesetzes und damit ohne unmittelbaren rechtsverbindlichen Charakter handelt.

Im Betrieb gebildete Arbeitsschutzausschüsse haben ohnehin zu prüfen, ob ihre bestehenden betrieblichen Arbeitsschutzkonzepte an die pandemiebedingte besondere Gefährdungslage anzupassen sind. Der Maßnahmenkatalog des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards kann hierbei auch ohne Rechtsgrundlage zu sein eine Arbeitshilfe darstellen.

Empfehlung

Nach Einschätzung der Geschäftsführung des AGV sind die im SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard aufgeführten Maßnahmen grundsätzlich geeignet, die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste allgemeine Gesundheitsgefahr im Betrieb einzudämmen. Unsere Empfehlung lautet daher, zu prüfen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen erforderlich und umsetzbar sind und die Vorschläge, soweit möglich, dann auch umzusetzen und in die bisherigen Infektionsschutzkonzepte zu integrieren.

Dabei ist zu beachten, dass auch das BMAS im Text des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards stellenweise selbst nur von Empfehlungen ausgeht, deren Umsetzbarkeit von bestimmten Voraussetzungen abhängt.

Soweit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard zum Umgang mit Verdachtsfällen allerdings regelt, dass hierzu im Betrieb eine möglichst kontaktlose Fiebermessung vorgesehen wird, geht dies zu weit. Der Arbeitgeber hat nämlich keinerlei rechtliche Handhabe, derartige Untersuchungen anzuordnen. Zudem ist es unangemessen, den Arbeitgeber generell dazu zu verpflichten, solche kontaktlosen Fiebermessungen vorzuhalten. Zum einen sollen solche kontaktlos messenden Fieberthermometer für den Dauereinsatz ungeeignet sein. Zum anderen kann nicht unterstellt werden, dass die Mehrzahl oder zumindest eine Vielzahl Krankheitssymptome aufweisende Beschäftigte den Betrieb aufsuchen werden. Vielmehr ist, wenn überhaupt anzunehmen, dass solche Verdachtsfälle nur sehr vereinzelt auftreten werden. Dies gilt umso mehr, als jedenfalls in der Versicherungsbranche die Büroarbeit pandemiebedingt in erheblichem Umfang vom Home-Office aus geleistet wird.

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