Arbeitszeitgestaltung

Die Arbeitszeitgestaltung in der Versicherungswirtschaft zeichnet sich durch ein außerordentlich hohes Maß an Flexibilität und Selbstbestimmung für die Angestellten aus. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Innendienstangestellten beträgt 38 Stunden. Grundsätzlich verteilt sich die Arbeitszeit gleichmäßig auf die Tage Montag bis Freitag. Die Tarifvertragsparteien haben die tarifliche Regelung der Arbeitszeit im Laufe der Zeit zunehmend flexibilisiert. Durch Betriebsvereinbarung können Arbeitszeitmodelle vereinbart werden, die eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeit zulassen, so lange im Durchschnitt von zwölf Monaten eine 38-Stunden-Woche erfüllt ist. Bei Vorliegen betrieblicher Gründe können die Betriebsparteien die Arbeitszeit auf freiwilliger Basis außerdem auf den Samstag ausdehnen. Regelungen zur Sonn- und Feiertagsarbeit enthält der Tarifvertrag nicht. Arbeitsstunden ab 21 Uhr bis 6 Uhr gelten als Nachtarbeitsstunden.

Die Unternehmen nutzen je nach Struktur für unterschiedliche Mitarbeitergruppen unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Die meisten Unternehmen haben für ihre Innendienstmitarbeiter eine flexible Arbeitszeit ohne Kernarbeitszeit vereinbart. In jedem dritten Unternehmen ist die flexible Arbeitszeit mit Kernarbeitszeit vorgesehen. Jedes fünfte Unternehmen hat Vertrauensarbeitszeit für den Innendienst geregelt, fixe Arbeitszeiten hat noch jedes zehnte Unternehmen.

Mit der Tarifvereinbarung über die Einführung einer Arbeitszeitflexibilisierung für das private Versicherungsgewerbe ist zudem die Dauer der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit flexibilisiert worden. Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann für einzelne Angestellte oder für Gruppen von Angestellten das Angebot geschaffen werden, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 20 Stunden zu verkürzen oder auf bis zu 42 Stunden zu verlängern.

Für die Angestellten des Werbeaußendienstes existieren keine tariflichen Arbeitszeitregelungen.

Teilzeit

Die Versicherungswirtschaft bietet in sehr hohem Maße Möglichkeiten für Teilzeitbeschäftigung an. Teilzeitarbeit wird tariflich seit 1997 gefördert. Der Anspruch auf Reduzierung oder Verlängerung des Arbeitszeitvolumens bei betrieblicher Vereinbarkeit ging anfänglich weit über die damaligen gesetzlichen Bestimmungen hinaus. Seit der Regelung eines gesetzlichen Teilzeitanspruchs im Teilzeit- und Befristungsgesetz hat der tarifliche Anspruch jedoch an praktischer Bedeutung verloren.

Jeder fünfte Angestellte arbeitet in Teilzeit, im Schnitt 24 der 38 tariflich vorgesehenen Wochenstunden. Die Teilzeitquote im Innendienst beträgt 23,7 Prozent. Im angestellten Außendienst sind 2,6 Prozent teilbeschäftigt.

Frauen arbeiten häufiger als Männer in Teilzeit. 2014 arbeiteten 39 Prozent aller Frauen und 5 Prozent aller Männer des Innendienstes in Teilzeit. Zehn Jahre zuvor lag die Teilzeitquote der Frauen noch bei 30 Prozent, die der Männer bei 3 Prozent.

Im Jahr 2014 haben 3,7 Prozent aller Führungskräfte im Innendienst die Möglichkeit genutzt, in Teilzeit zu arbeiten. Auch hier stellen Frauen mit 84 Prozent den weitaus größeren Anteil.

Mobiles Arbeiten und Telearbeit

Im Bereich mobiles Arbeiten und Telearbeit gehört die Versicherungsbranche zu den innovativsten Arbeitgebern. Zunehmend ermöglichen die Versicherer ihren Angestellten das Arbeiten auch von Zuhause sowie das mobile Arbeiten. In der Hälfte der Unternehmen können die Innendienstmitarbeiter grundsätzlich Telearbeit in Anspruch nehmen. Mobiles Arbeiten, also das Arbeiten von unterwegs, wird am häufigsten dem angestellten Außendienst und den Leitenden ermöglicht.

Auch auf europäischer Ebene wurde unter den Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Branche bereits über Formen der flexiblen Arbeitsgestaltung diskutiert. Das Ergebnis des Dialogs der Sozialpartner war die im Jahr 2015 verabschiedete „Gemeinsame Erklärung zur Telearbeit“*, durch die ein allgemeiner Rahmen über die Arbeitsbedingungen der Telearbeitnehmer in der Versicherungsbranche geschaffen werden soll.

*Die europäischen Sozialpartner verstehen Telearbeit als eine Form der flexiblen Arbeitsgestaltung, bei der der Mitarbeiter seine Tätigkeiten von einem genehmigten Arbeitsplatz aus verrichtet, der sich nicht an dem Ort befindet, an dem der Mitarbeiter normalerweise seine Tätigkeit ausüben würde.

Langzeitkonten

Lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung ist in der Branche stark im Kommen. Flexibilität wird auch durch die Umwandlung von Entgeltbestandteilen in Freizeit erreicht. Der MTV eröffnet den Arbeitsvertragsparteien diese Flexibilität durch die Möglichkeit, die tariflichen Sonderzahlungen in Freizeit umzuwandeln. Der bestehende Gestaltungsspielraum kann z.B. genutzt werden, um längerfristige Arbeitszeitkonten (sogenannte Langzeitkonten) zu implementieren.

Jedes sechste Unternehmen bietet den Mitarbeitern die Möglichkeit, durch die Gehaltsumwandlung in ein solches Langzeitkonto einzuzahlen. Die Mitarbeiter in der Versicherungswirtschaft nutzen die angesammelten Zeiten für zusätzliche Urlaubstage, kurzfristige Teilzeittätigkeit, Sabbaticals, früheren Ruhestand oder Bildungsurlaub.

Urlaub und zusätzliche arbeitsfreie Tage

Der tarifliche Urlaubsanspruch geht in der Versicherungswirtschaft in einer Fünf-Tage-Woche um zehn Tage über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus. Die Angestellten haben somit einen Urlaubsanspruch von jährlich 30 Tagen. Darüber hinaus bestimmt der MTV den 24. und 31. Dezember als zusätzliche arbeitsfreie Tage.

Ein Viertel der Gesellschaften bietet Urlaub über die 30 tariflichen Erholungsurlaubstage hinaus an, z.B. anlässlich von Betriebszugehörigkeitsjubiläen oder für bestimmte Mitarbeitergruppen, wie z.B. Schichtarbeiter. 45 Prozent der Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitern zusätzlich zu den gesetzlichen und tariflichen Feiertagen weitere arbeitsfreie Tage. Anlass sind u.a. Rosenmontag, Faschingsdienstag oder Freiwilligentage, die im Rahmen von CSR-Tätigkeiten gewährt werden. Darüber hinaus gewähren manche Unternehmen Urlaub für die Dauer des Betriebsausfluges, bei Geburtstagen oder an Brückentagen.